Erfahrungsbericht der Spenderin Dr. Rebecca Netzel – Heidelberg
In meiner Eigenschaft als Spenden-Förderer der St. Josefs Tiyoshpaye (=“Großfamilie“, hier die Indianerkinder und ihre BetreuerInnen) und als Sprachwissenschaftlerin, die um den Erhalt der schönen Lakota-Sprache und -kultur bemüht ist und daher vor Ort in South Dakota Eindrücke im Bildungswesen gesammelt hat, um auf deren Grundlage einen Beitrag zur Erstellung geeigneten sprachdidaktischen Materials zu leisten, habe ich zweimal, im August 2005 sowie August 2006, für je ca. eine Woche die St. Josefs Indianerschule, Chamberlain, SD, besucht.
Wir waren dort 2005 mit meiner Familie zu einer Besichtigung der Institution eingeladen, bei der wir in sehr herzlichem Kontakt sowohl die netten Indianerkinder als auch das sehr engagierte Personal kennen gelernt haben. Wir wurden dort von Pater Huffstetter, sowie den Mitarbeiterinnen Kathleen, Brenda und allen anderen Staff members herzlich begrüßt. Die Kinder dort haben wir sofort in unser Herz geschlossen, ihre Schicksale haben uns sehr berührt, und auch die engagierte Hilfe, die ihnen dort zuteil wurde und wird.
Im folgenden Jahr konnten wir diese freundschaftliche Beziehung noch vertiefen, indem mir die Möglichkeit geboten wurde, ehrenamtlich die Lakota-Lehrerin LaReyne in den Unterricht zu begleiten und an diesem interaktiv gestaltend teilzunehmen, um zu sehen, wie die Kinder Lakota und auch Deutsch sowie Spanisch lernen können. (Ein ähnliches ehrenamtliches Volontariatsprogramm hatte ich bereits zuvor in einer Lakota-Schule in Pine Ridge absolviert, in der Porcupine Day School, so dass die Erfahrungen an beiden Bildungsinstitutionen verglichen werden konnten. Dabei zeigte sich eine gute Abstimmung auf die Bedürfnisse der Reservatskinder, auch in der St. Josefs Indianerschule außerhalb der im Umkreis liegenden Reservationen).
Wir haben die gesamte Anlage der St. Josefs Indianerschule als sehr sauber, wohldurchdacht konzipiert und professionell geleitet erlebt. Die Kinder wohnen ähnlich wie in einem Kinderdorf, in möglichst familiennahen Wohneinheiten mit intensiver und persönlicher Betreuung.
Auch gesunde Ernährung sowie Gesundheitsfürsorge stehen auf dem Programm. Außer den schulischen Belangen erlernen die Kinder auch ihre bedrohte Lakota-Sprache und -kultur, zu diesem Zweck steht neben dem Team an muttersprachlichen Lehrern auch der Kontakt zu Lakota-Ältesten etwa der Pine Ridge-Reservation zur Verfügung, es reisen immer wieder Vertreter der Lakota-Kultur und Kunst zu Vorträgen und Workshops dorthin. Auch haben die Kinder ihren eigenen Schul-Powwow (traditionelles Tanzfest), für das sie eigene Kostüme und Zubehör basteln können. Zur Anregung und Andacht steht ihnen dort das angegliederte kleine (und sehr sehenswerte) Lakota-Museum sowie eine modern-indianisch gestaltete Kapelle zur Verfügung, die von renommierten Lakota-Künstlern wie Oscar Howe und Arthur Amiotte gestaltet bzw. kuratiert wurden. Wichtig ist auch, dass der Kontakt zu den übrigen Familienangehörigen der Kinder nach Möglichkeit aufrecht erhalten wird, etwa durch Ferienbesuche bei Angehörigen in den Reservaten.
Gern denken wir an unsere beiden Aufenthalte dort zurück, die menschlich bereichernd und von großer Gastfreundschaft geprägt waren. So bleiben wir daher auch gerne weiter in Kontakt, etwa durch Pakete mit Sachspenden an die Kinder, die im kalten Präriewinter warme Mützen und Schals brauchen, sich aber auch über Buntstifte freuen, da sie wie alle Kinder sehr gern malen.
Wer mehr über die aktuelle Lebenssituation der Lakotakinder heute, über ihre familiären Probleme aber auch ihre Chancen und Perspektiven, die ihnen dort in Chamberlain geboten werden, erfahren möchte, dem sei ein Besuch auf dem Campus der St. Josefs Indianerschule wärmstens empfohlen!
Dr. Rebecca Netzel,
Heidelberg